Angefangen hat es, als das Bistum Erfurt sein 25jähriges Bestehen bei der traditionellen Bistumswallfahrt am dritten Sonntag im September feierte. Für diesen Anlass legten einige Frauen aus dem Eichsfeld in stundenlanger Kleinarbeit einen wunderschönen Blumen- und Früchteteppich in den Erfurter Dom. Der fand großen Anklang bei den Besuchern des Doms und den Wallfahrer:innen. Warum machen wir das nicht eigentlich auch bei uns, fragten sich die Frauen.
Gefragt – getan. Seit dem gibt es in der Helmsdorfer Kirche St. Peter und Paul nunmehr zum sechsten Mal neben einem kleinen Blumenteppich und einem ebenfalls aus Blumen sowie aus Tannenzapfen, Schneckengehäusen, Eicheln, getrockneten Beeren und vielem anderen mehr aus der Natur gelegten Mandala.
Doch nicht genug der duftenden Augenweide. Ein 4,30 x 3,20 Meter großer Früchteteppich schmückt die Kirche ebenfalls. Sieben Frauen aus Helmsdorf, Silberhausen, Dingelstädt und Küllstedt haben ihn gelegt. Doch die Arbeit beginnt nicht erst mit dem Legen, sondern bereits mit dem Überlegen des Motivs des Früchteteppichs. Dieses hat auch gesellschaftliche Bezüge. In diesem Jahr wurde die Arche Noah gelegt, mit einheimischen Tieren sowie einigen Menschen. Über diesen ein großer Regenbogen, auf dem „Gott mag es bunt“ steht. Ein Statement? Sicher.
Den Frauen geht es darum, dass die Menschen innehalten, nachdenken. Im Zentrum eine Botschaft und der Regenbogen als Hoffnungszeichen. „Und es soll eine positive Nachricht aus der Kirche sein“, sind sich alle einig.
Zur „Vorarbeit“ gehören auch das Aussäen, damit alles zur rechten Zeit blüht, sowie das Sammeln von Naturfrüchten. Bereits im Frühjahr haben die Frauen damit begonnen und Blüten, Früchte, Beeren, Blätter und Samen zusammengetragen. Weidenkätzchen, Blütenstände vom Sauerampfer, Samen von Hainbuchen, blühende Minze, Tannenzapfen in allen Größen, Bucheckern, Ringelblumen, Kirsch- und Pflaumenkerne sowie Lavendel. „Vor uns war nichts sicher, wir hatten immer und überall einen Beutel dabei. Und wir haben viel ausprobiert und experimentiert“, erzählt eine der Frauen. Verwendet wurden zudem Vogel- und Mehlbeeren, Schlehen, Knallerbsen, Holunder, Pfingstrosenblätter, Hortensienblüten oder Tagetes. Keine einzige Blume wurde gekauft. Sie stammen entweder aus dem Kirchgarten oder den Gärten der Frauen.
Wenn der Teppich dann gelegt ist, bedeutet das keineswegs Ruhezeit für die sieben Frauen. Vom 20. September bis 20. Oktober kann der besondere Schmuck in der Helmsdorfer Kirche besichtigt werden. Die Frauen sorgen dafür, dass immer wenigstens einer von ihnen in der Kirche ist, um die Besucher willkommen zu heißen, ihre Fragen zu beantworten, sich auch ihre Freuden, Sorgen, Nöte und manchmal ganze Lebensgeschichten anzuhören. Manchmal sind wir auch Seelsorger, sagen sie. Es kommt auch vor, dass sie gemeinsam mit den Gästen singen; so manche Träne sei da schon geflossen.
Längst hat es sich herumgesprochen, was es in der Erntedankzeit in der Kirche des 550-Seelen-Ortes zu bestaunen gibt. Dafür hat nicht nur die Mund-zu-Mund-Propaganda gesorgt. Auch die Medien zeig(t)en großes Interesse. Den Frauen ist es wichtig, alles in Ruhe erklären zu können und sich für jeden Einzelnen möglichst auch Zeit nehmen. „Es kommen schon viele angemeldete Gruppen von Pflege- und Behinderteneinrichtungen, die so dankbar sind, dass wir uns für sie noch Zeit nehmen können. Viele Besucher genießen auch die Ruhe in der Kirche und es kommt zu guten Gesprächen untereinander.“
Nach dem 20. Oktober wird alles Wiederverwendbare akribisch eingesammelt und in den in den letzten Jahren ständig größer gewordenen Fundus auf einem Dachboden eingelagert. Bis zum nächsten Jahr.
An dieser Stelle sei den sieben unermüdlich ehrenamtlich tätigen Frauen, nämlich Regina Stiefel, Cordula Klaus, Eva-Maria Montag, Roswitha Stöber, Lorlis Beck, Ursel Seidel und Evelyn Schröter für das bewegende und aufbauende Erlebnis gedankt, welches sie den Besuchern der Kirche mit ihrem außergewöhnlichen Engagement bescheren.
Foto: Juliane Körber
Foto: Regina Stiefel
Teile des Textes sind einem Beitrag von Sigrid Aschoff in der Thüringer Allgemeinen vom 24.09.2024 entnommen.