Am kommenden Samstag, 24. August, wird gefeiert. Und zwar in Bickenriede. Denn der Kirchort (Kirche St. Sebastian), der zur Pfarrei St. Georg und Juliana, Küllstedt gehört, feiert mit Weihbischof Reinhard Hauke ein Festhochamt mit anschließender Glockenweihe.
Dafür, dass drei neue Glocken plus eine bisher namenlose Glocke geweiht werden können, haben vor allem die Ehrenamtlichen der Gemeinde im Kirchort Bickenriede viel gearbeitet und tolle Ideen realisiert, um das nötige Geld für die neuen Glocken zu beschaffen.
Doch der Reihe nach.
„Der Klang jeder Glocke ist einmalig…“Heimat“ hat somit für jeden Menschen einen ganz eigenen Glockensound und wie „zu Hause“ klingt keine andere Glocke auf der ganzen Welt, egal an welchem Ort sie läutet. Aber dennoch müssen wir uns über neue Glocken für unsere Kirchen Gedanken machen.“
So steht es in einem Sonderbrief (-heft) Glockenerneuerung, herausgegeben vom Glockenkomitee, das im Herbst 2021 seine Arbeit aufnahm. Es hieß also erst einmal Abschied nehmen von den vertrauten Klängen der alten Glocken. Seit 1953 waren sie im täglichen Einsatz. Warum sie nach 70 Jahren ihren Dienst quittieren müssen, hat eine – auch mahnende – Geschichte. 1927 gab es nur eine kleine a-Glocke (von 1893). Der damalige Pfarrer Nikolaus Görich schaffte in dem Jahr drei neue Glocken an, eine d-, eine f- und eine g-Glocke.
„Leider durften die neuen Glocken kein langes Leben führen. Auf Geheiß des damaligen Generalfeldmarschalls Hermann Görig vom 15. März 1940 wurden die Bronzeglocken in den Kirchen beschlagnahmt, um sie ‚unverzüglich der deutschen Rüstungsreserve dienstbar zu machen‘. Somit mussten 1942 – nach nur 15 Jahren im Dienst – auch die Bickenrieder Glocken wieder abgegeben werden.“
1953 bekam die Kirche dann wieder drei neue Glocken. Allerdings wurden diese nicht aus Bronze, sondern aus Ersatzlegierungen gegossen. Grund war zum einen die Angst, dass Bronzeglocken in einem weiteren Krieg wieder als Rüstungsmaterial herhalten müssten, zum anderen waren die Anschaffungskosten wesentlich niedriger als beim Bronzeguss. Die sogenannten Eisenhartgussglocken haben jedoch keine sehr lange Lebensdauer, im Durchschnitt 60 – 80 Jahre.
Nun war es soweit für einen Wechsel. In ihrem Sonderheft Glockenerneuerung (vom Oktober 2023) legte das Glockenkomitee alles rund um die neuen Glocken dar. Einige Mitglieder des Komitees fuhren 2023 zu einer Kirchengemeinde nach Calvörde, die zwei Jahre zuvor neue Glocken bekommen hatte. Diese stimmten mit der Größe und der Klangfolge der Glocken überein, die auch einmal in Bickenriede erklingen sollen. Da wurde dann eben schon einmal vorgehört, und damit alle Gemeindeglieder etwas davon haben, ein QR-Code ins Sonderheft gedruckt, der auf diese Weise ein Anhören möglich machte.
Ein Jahr später machte sich eine Gruppe von Gemeindegliedern auf den Weg nach Neunkirchen/Schwarzwald. Dort befindet sich die Glockengießerei Bachert, eine von zwei der insgesamt sechs Glockengießereien in Deutschland, die wegen der Größe der Bickenrieder Glocken infrage kamen.
Glockenguss und Jagdhornblasen
In der Gießerei Bachert, ein Familienunternehmen in der achten Generation, ist es üblich, dass die Glocken immer an einem Freitag um 15 Uhr gegossen werden. Genau um diese Uhrzeit wurde an diesem Tag in St. Sebastian in Bickenriede eine Andacht mit den Jagdhornbläsern gehalten, so dass alle daheimgebliebenen Gemeindemitglieder im Gebet und in Gedanken beim Glockenguss dabei waren.
Nach dem Glockenguss wurde gemeinsam in der Halle gebetet und gesungen. Die Teilnehmenden berichteten u.a.:
„Erstaunt waren wir alle, dass unmittelbar über dem Bronzeofen ein Holzkreuz hängt, welches seit Jahren die sehr hohen Temperaturen der Bronze im Ofen von über 1.000 Grad Celsius ohne Beschädigung überstanden hat.“
Zu Gunsten der Glocken
Glocken kosten, und zwar nicht wenig. Das Glockenkomitee machte auch die aktuelle Kostenschätzung öffentlich. Neben den vorhandenen Mitteln, der Baurücklage und dem Zuschuss des Bistums fehlte es noch an 57.000 Euro. Glücklicherweise fehlte es nicht an Ideen, wie dieses Geld beschafft werden könnte.
Ein Weihnachtsmarkt in Anrode spendete seinen Erlös u.a. für die Glocken. Zwischen den Jahren (2022/2023) gab es auf dem Anger Glockenklang und Glühweinduft 1.0. Das Gleiche, nur 2.0., Ende 2023. Es wurden Weihnachtsbäume geworfen, Fasching für Groß und Klein gefeiert, ein Krippenabschlusskonzert und ein Benefizkonzert mit dem Thüringer Polizeiorchester gegeben. Des Pfarrers Hahn kam zur Versteigerung, ebenso das erste Ortsschild von Bickenriede. Und eine Sonderkollekte zum Kirchweihfest gab es auch. Wofür? Natürlich zu Gunsten der Glocken!
Voller Hoffnung
Das Glockenkomitee schrieb an die Leserinnen und Leser des Sonderheftes:
„Wir haben noch einen weiten Weg vor uns, bis wir die benötigten finanziellen Mittel zusammen haben. Wir sind dennoch sicher, dass wir unser Ziel gemeinsam schaffen und im kommenden Jahr [2024; Anm. A. Wilke] zur Kirmes voller Stolz unsere neuen Glocken hören werden.
Bickenriede hat gerade in den vergangenen Jahren gezeigt, dass vieles, was auf den ersten Blick unmöglich schien, am Ende doch geklappt hat.“
Es werden einige Dinge davon aufgezählt. Zu ihnen gesellen sich nun auch die drei neuen Bronzeglocken, die am Samstag, 24. August, einen Tag vor der 100jährigen Kirchweihe, nach einem Festgottesdienst mit Weihbischof Reinhard Hauke von diesem vor der Kirche geweiht werden.
Das sind die Große Glocke mit dem Namen Dreifaltigkeit, die Mittlere Glocke Sebastian, der Schutzpatron der Bickenrieder Kirche, und die Kleine Glocke Johannes Paul II. Die älteste, bisher namenlose Bronzeglocke wird der Gottesmutter Maria geweiht.
Zur großen Kirmes werden sie dann am 13. Oktober erstmals zu hören sein.
Programm der Glockenweihe mit anschließendem Gemeindefest. Außerdem öffnet der Kindergarten St. Elisabeth nach abgeschlossener Sanierung seine Türen. (Das Programm lässt sich zur besseren Lesbarkeit per Zoom vergrößern)
Die drei neuen Bronzeglocken.
Fotos: © St. Sebastian, Bickenriede