„Ich wollte eine Feier mit Tiefe. Etwas, bei dem ich mich selbst reflektieren kann und etwas über mein Leben lerne.“ Bruno Eppendorf steht im Eingangsbereich der Moritzkirche in Halle. Es ist Samstag vor Pfingsten, früher Nachmittag. Der 14-Jährige trägt einen roten Anzug, weiße Turnschuhe, das dunkle Haar ist schnittig frisiert, sein Lächeln verschmitzt. Und doch geht Brunos Blick unruhig hin und her. Gleich beginnt die Feierstunde.
Zwanzig Minuten später steht er gemeinsam mit 28 anderen Jugendlichen vor hunderten Gästen in der Moritzkirche. Mit fester Stimme sagt Bruno in das Mikrofon: „Für meine Zukunft wünsche ich mir, halb so erfolgreich zu werden wie meine Eltern.“ Ein Schmunzeln huscht über die Gesichter der Gäste. „Ich möchte Arzt werden und anderen Menschen helfen“, hat Bruno vorab erzählt. „Ich möchte realistische Ziele erreichen, die zu mir passen.“ Andere Kinder wünschen sich Frieden, Gesundheit, ein Haus oder einen guten Job.
Kerze mit Zukunftswünschen
Bruno hält eine Kerze in der Hand. Er hat sie selbst in einem der Vorbereitungstreffen gestaltet, mit Motiven für seine Zukunft. Die Kerze soll ihn zukünftig an diesen besonderen Tag erinnern. Denn Bruno ist einer von 29 Jugendlichen, die heute die Lebenswende feiern.
Die Feier der Lebenswende ist ein Angebot der Kirchen für konfessionsfreie Jugendliche, die eine Alternative zur Jugendweihe suchen. Ausgehend vom Bistum Erfurt bietet auch das Bistum Magdeburg dieses Übergangsritual seit 2001 an. „Pro Jahr sind es mittlerweile knapp 1.000 Jugendliche“, sagt Daniel Richter, Jugendbildungsreferent des Bistums Magdeburg. Er hat diese Feierstunde konzipiert und zelebriert sie nun mit den Teenagern und ihren Eltern. Richter hat auch die Vorbereitungstreffen geleitet.
Abschied vom Schatz der Kindheit
Bevor Bruno in der Feierstunde über seine Zukunft spricht, ging es zunächst darum, die Kindheit bewusst loszulassen. Bruno hat wie die anderen Jugendlichen seinen Schatz der Kindheit mitgebracht. Er verabschiedet sich von „Herbert“ – einem hellbraunen kleinen Stoffbären, der eine Zipfelmütze trägt. Herbert wandert zusammen mit den Schätzen der anderen Kids – Kuschelkissen, Plüschtiere, Fußballschuhe – in eine Truhe, die vor dem Altar steht. Jeder berichtet, wie wichtig dieser Schatz in den vergangenen Jahren war und wie viele schlaflose Nächte gemeinsam durchwacht wurden. Die eine oder andere Mutter zückt das Taschentuch. Nun werden sie groß, die Kleinen.
Auf die innere Stimme hören
Daniel Richter spricht in einer Rede über die Fabel von den Fröschen: Es geht um einen Wettkampf, um die Erwartungen der zuschauenden Frösche, deren negative Botschaften und dass am Ende der taube Frosch gewinnt, weil er ausschließlich auf seine innere Stimme hört. Es ist diese Botschaft, die Richter und seine Kollegen den Jugendlichen auch in den Vorbereitungstreffen mit auf den Weg geben: jenseits von äußeren Zwängen auf die eigenen Werte und Ziele zu hören.
Für alle Menschen da sein
„Dass Kirche dieses Übergangsritual für konfessionsfreie Jugendliche macht, ist einfach der kirchliche Auftrag, für alle Menschen da zu sein“, so Richter. Daraus habe sich die Idee der Lebenswende entwickelt. Und mittlerweile gibt es Gruppen in Halle, Magdeburg, Dessau und Köthen. „Wir als Kirche wollen zeigen: Wir können euch was bieten und können euch ein Stück auf dem Lebensweg begleiten.“
Schließlich bekommen Bruno und die anderen Jugendlichen nach den Grußworten der Eltern noch eine rote Rose, und Daniel Richter spricht Gottes Segen aus. Beim anschließenden Fotoshooting vor dem Altar sagt Mutter Kirstin: „Wir sind sehr dankbar für dieses Angebot der katholischen Kirche.“
Seit Juni 2023 gibt es das Ökumenische Netzwerk Feier der Lebenswende. Zusammen mit dem Bistum Magdeburg bietet auch die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesisch-Oberlausitz in Berlin die Feier der Lebenswende seit 2024 an. Weitere Städte folgen. Bei Interessee: kontakt@lebenswendefeier.de
Kontakt: https://www.lebenswendefeier.de/