Kirchliches Strafrecht im Hinblick auf Missbrauch

„Das Kirchenrecht verändert sich, und gerade bezüglich der Maßgaben im Zusammenhang mit dem Missbrauch Minderjähriger und schutz- und hilfebedürftiger Erwachsener ist es absolut nötig, auf dem aktuellen Stand zu sein.“ Mit dieser Einleitung begründete Prof. Dr. Myriam Wijlens, Kirchenrechtlerin an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt und Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission (2018-2022), warum ihre Professur und das Katholische Forum im Land Thüringen, die Akademie des Bistums Erfurt, am 20. Juni zum Seminar „Sexueller Missbrauch von Minderjährigen im kirchlichen Strafrecht: Anwendung des Rechtes und Praxis des Dikasteriums für die Glaubenslehre im Vatikan“ eingeladen hatten. Etwa 85 Menschen aus ganz Deutschland, teilweise auch darüber hinaus, nutzten diese Möglichkeit, um sich von Dr. Manfred Bauer, Offizial in der Disziplinarsektion des Dikasteriums für die Glaubenslehre im Vatikan, über die aktuell geltenden rechtlichen Vorgaben sowie die Arbeitsweise und Praxis dieser Abteilung informieren zu lassen.

Dr. Bauer erläuterte zunächst die rechtlichen Vorschriften gemäß dem Schreiben „Sacramentorum sanctitatis tutela“ und präzisierte die dort genutzten Begriffe. Er stellte die Struktur des Dikasteriums für die Glaubenslehre vor und berichtete, dass jährlich rund 1000 Meldungen im Hinblick auf Straftaten, deren Verfolgung Rom vorbehalten ist, eingingen, 90 % davon in der Disziplinarsektion. Er stellte das Verfahren, die Beteiligten und die Anforderungen an das Gerichtspersonal dar.

Die Teilnehmenden diskutierten rege mit Dr. Bauer und miteinander. Immer wieder kam dabei der Hinweis, dass die Wortwahl der rechtlichen Vorgaben mitunter nicht adäquat sei. Als das am Lehrstuhl für Kirchenrecht in Erfurt laufende Forschungsprojekt „Rechte von Opfern von Missbrauch in kirchlichen Strafverfahren“ zur Sprache kam, zeigte sich, dass die Rechte Betroffener im Prozess bisher noch zu wenig berücksichtigt werden. Daher bilanzierte ein Teilnehmer zum Schluss der Veranstaltung: „Mir scheint, wir sprechen hier von einem Weg hin zu mehr Transparenz und Rechtssicherheit. Auf diesem Weg sind bereits Schritte gegangen worden. Aber der weitaus größere Teil des Weges liegt noch vor uns.“

Prof. Dr. Myriam Wijlens/Niklas Wagner